Da mich das Thema Psyche und Wechselwirkung mit dem Körper interessiert, habe ich vor kurzem eine Online-Weiterbildung im Bereich Stressmanagement absolviert. Hier ein paar wichtige Take-Aways und meine eigene Bewertung des Themas.
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation/ WHO) hat Stressim Beruf zu einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts erklärt. Doch was genau ist Stress überhaupt? Der Begriff Stress stammt aus der Physik, der beschreibt, wie sich ein Gegenstand unter der Einwirkung von Kraft verändert. Auf den Menschen übertragen bedeutet Stress die Reaktion auf Umstände, die als schwer bewältigbar empfunden werden. Und in dem Wort „empfunden“ liegt auch schon ein Schlüssel für eine Stress-Bewältigungsstrategie. Manche Situationen empfinden wir individuell als stressig, obwohl sie allgemein als machbar angesehen werden. Erst wenn wir selbst eine Situation als bedrohlich und unsere Ressourcen als nicht ausreichend bewerten, entsteht Stress. Stress spielt sich also zuerst in unserem Kopf ab. Die Stressreaktion führt dann zu einer körperlichen Reaktion. Häufige körperliche Stress-Symptome sind etwa Verspannungen im Körper- und Schulterbereich, beschleunigter Herzschlag oder Schlafstörungen.
Des Weiteren kann man zwischen akutem und chronischem Stress unterscheiden. Wenn wir in eine bedrohliche Situation geraten, stellen wir uns blitzschnell, je nach Möglichkeit, auf Kampf oder Flucht ein. Der Körper schüttet unter anderem das Hormon Adrenalin aus, das den Körper mit Energie versorgt. Wenn wir aber bereits geschwächt sind, gibt es noch die Möglichkeiten, in den Erstarrungs- oder Unterwerfungs-Modus zu verfallen. Bei ersterem fährt der Puls runter, unser Denken und Schmerzempfinden werden ausgeschaltet und auch unser Gedächtnis schaltet auf „Löschen“. Der Unterwerfungs-Modus führt dazu, dass wir uns absichtlich klein machen, um uns mit unserem Feind zu arrangieren. Gängige Verhaltensweisen sind hier das ständige Ja-Sagen oder der Drang, sich bei anderen zu entschuldigen und sich für andere verantwortlich zu fühlen.
Bei chronischem Stress wird das Hormon Cortisol ausgeschüttet. Es führt dazu, dass im Körper Entzündungsreaktionen ausgelöst werden und wir gefährliches Bauchfett ansetzen.
Es gibt auch positiven Stress
Ist Stress also unter allen Umständen zu vermeiden? Nein, denn es gibt auch positiven Stress. Dieser in der Fachsprache „Eustress“ genannte Stress entsteht etwa bei anspruchsvoller Arbeit oder in einer Wettkampf-Situation. Dieser Stress gilt sogar als gesundheitsfördernd. Was passiert, wenn wir ein Leben mit wenig Reizen und Anstrengung führen, zeigt sich beispielhaft im Arbeitsleben. Wenn wir permanent unterfordert sind und Gefühle von Langeweile und Antriebslosigkeit spüren, können ebenso körperliche Beschwerden auftreten, die so ähnlich ausfallen können wie bei Stress durch Überlastung.
Wie kann ich Stress vermeiden?
Stellschrauben, um Stress besser in den Griff zu kriegen, liegen in der Bewertung einer Situation und der Stärkung seiner inneren Ressourcen. Eine Möglichkeit besteht darin, körperlich aktiv zu werden und somit den Stress-Hormon-Cocktail abzubauen. Dies kann zum Beispiel durch Joggen, Spazierengehen oder jede andere Sportart, die einem Spaß bringt, geschehen. Auch laut singen oder Schreien sind erlaubt. 😊
Weitere bewährte Stressmanagement-Methoden zielen darauf ab, Aufgaben zu priorisieren, sich besser gegenüber anderen abzugrenzen (also Nein zu sagen) und an seinen eigenen Glaubenssätzen, die unter dem Stichwort Perfektionismus zusammengefasst werden können, zu arbeiten.
Mit seiner Zeit besser umgehen
Oft entsteht Stress, weil mir mehrere Aufgaben gleichzeitig wuppen möchten, uns ständig ablenken lassen und am liebsten alles alleine stemmen wollen. Doch erstens sollte man erkennen, dass Multitasking bei geistigen Aufgaben einfach nicht funktioniert. Man sollte sich auf eine Aufgabe konzentrieren und sich dann nicht von anderen Sachen – wie etwa dem Smartphone – ablenken lassen. Außerdem sollte man bei seinen Aufgaben unterscheiden, welche wirklich wichtig und sofort erledigt werden müssen. Aufgaben, die nicht wichtig und nicht dringlich sind, sollte man delegieren. Im Job kann man wichtige Aufgaben daran erkennen, dass man dafür im Feedbackgespräch gelobt wird, weil sie eben der Firma und so einem selbst das Einkommen sichern. Auch das Pareto-Prinzip ist eine bewährte Methode, mit seiner Zeit effektiver umzugehen. Es besagt, dass man mit 20 % Einsatz 80 % seiner Ergebnisse erzielen kann. Input, der darüber hinausgeht, bringt nur wenig Steigerung beim Output.
Glaubenssätze bilden sich meist schon in der Kindheit aus und prägen auch unser Verhalten als Erwachsene. Ein Glaubenssatz ist zum Beispiel „Sei stark“. Menschen mit diesem Glaubenssatz wollen am liebsten alles alleine machen. Sie spüren ihre eigenen Grenzen nicht und zeigen keine Gefühle. Wenn man erkannt hat, dass man so tickt, sollte man daran arbeiten, diesen Glaubenssatz zu verändern. Man darf andere Menschen um Hilfe bitten und ist besonders stark, wenn man Gefühle offenbart.
Ein stressfreies Leben ist genauso wenig erstrebenswert wie ein stressüberladenes Leben
Auch wenn psychische Leiden heute eine der am meisten gemeldeten Krankheiten bei den Krankenkassen sind, kann man meiner Meinung nicht sagen, dass es heute mehr Stress gibt als früher. Viel mehr hat sich das Bewusstsein gewandelt und es wird anerkannt, dass die psychische Gesundheit mindestens genauso wichtig ist wie die körperliche. Auch liegt es heute im Trend, sein Leben nicht mehr nur auf die Arbeit auszurichten. Während es früher noch als Status galt, viel und lange zu arbeiten, ist es heutzutage eher so, dass die Menschen in den westlichen Ländern weniger arbeiten wollen und andere Interessen verfolgen. Ein stressfreies Leben ist genauso wenig erstrebenswert wie ein stressüberladenes Leben. Manchmal gibt es halt Situationen, die uns überfordern. Wenn das nicht zum Dauerzustand wird, kann man damit leben.